Grafik Bevölkerungsentwicklung in Bernburg bis 2030

Einwohnerzahl sinkt, Stadtrat winkt …

Grafik Bevölkerungsentwicklung in Bernburg bis 2030
Bevölkerungsentwicklung in Bernburg bis 2030. Quelle: Wegweiser Kommune. Mit freundlicher Genehmigung der Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

… durch, nämlich die Anträge zum Teilabriss der Junkerssiedlung und der anschließenden Freigabe zum Eigenheimbau. Keine Zustimmung fanden aber die Anträge der Grünen, von der Ausweitung der Bebauung auf die bisher als Kleingärten genutzten Flächen abzusehen und keine Zustimmung fand auch der Antrag der Linken, den gesamten Beschluss auf die nächste Stadtratssitzung zu verschieben.

Aktuelle Sitzverteilung im Bernburger Stadtrat nach den Eingemeindungen 2010
Aktuelle Sitzverteilung im Bernburger Stadtrat nach den Eingemeindungen 2010 (Quelle)

Nachdem der Stadtrat der Erhöhung der Grundsteuer in Bernburg ebenso zustimmte, wie der Übernahme der Mehrkosten beim Umbau des zukünftigen Rathauses IV in Höhe von 420.000 €, kam bei den Tagesordnungspunkten zum Eigenheimbau am Stadtrand so etwas wie Parlaments-Feeling auf. Bauamtsleiter Köhncke gelang es mit einer überzeugenden Begründung für den zukünftigen Bedarf nach Eigenheimbauplätzen auf Basis der bald anzunehmenden „Aufholprozesse“ zwischen Ost und West bei der Wohneigentumsquote die Abgeordneten scheinbar mehrheitlich zu überzeugen.

Eine Wohnraumbedarfsermittlung hätte es bereits gegeben und bis zum 31.12.2013 wird eine neue Erhebung erstellt – auf diese Ankündigung des Bauamtsleiters hin zogen die Grünen ihren Antrag für eine eben solche Untersuchung zurück.
Man schrumpfe „konzentrisch“ (Köhncke) im Rahmen des Stadtentwicklungskonzeptes, dem bereits seit Jahren die derzeit kursierenden Zahlen der Bertelsmann-Studie über den anzunehmenden 20-prozentigen Bevölkerungsschwund in der Saalestadt zugrunde lägen. Gerd Klinz (FDP) hofft darauf, dass Bernburg auch einwohnermäßig von seinem Status als Kreisstadt profitiert. Diese Äußerung erinnerte mich zwangsläufig an meinen satirisch gemeinten Text zur aktuellen Entwicklung beim Bürgerservice des Salzlandkreises.

Nebenbei erfuhr der interessierte Zuhörer vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Eckert auch, dass es schon einmal eine Arbeitsgruppe zum demographischen Wandel in Bernburg gab, die aber nicht fortgesetzt wurde. Scheinbar sind alle Probleme ja nun (in der Planung) bereits gelöst! Eben nur die Eigenheimbauplätze fehlen noch!
Bei einem späteren Tagesordnungspunkt wurde aber doch klar, dass es in Bernburg demographische Schwierigkeiten gibt, nämlich bei den Kleingartensparten. Wirtschaftsdezernent Holger Dittrich führte aber positive Aspekte aus, die sich nach der „Abräumung“ der verwaisten Kleingärten beispielsweise als Überflutungsflächen ergäben. Alles im Plan also.

Doch zurück zur Stadtrandbebauung. Neben von den Grünen in die Diskussion eingebrachten ökologischen Aspekten blieb der Abgeordneten der Linken, Frau Dr. Trensch, ein kurzer Hinweis vorbehalten, doch in Anbetracht drohender Altersarmut einmal darüber nachzudenken, ob bei der Eigenheim-Planung auch an sozial benachteiligte Gruppen gedacht werde. Leider wurde dieser wichtige Aspekt aber nicht weiter verfolgt.

Für regelmäßige “dramaturgische Impulse” bei der Debatte sorgten in bekannter Weise wieder die Vertreter der ehemaligen Spaßpartei FDP durch emotionale Vollblutauftritte. Besonders die Entladung des Fraktionsvorsitzenden Hagen-Eike Hortian gegen den Vertreter der Grünen, Dr. Wolfgang Pilz, hätte keiner akustischen Verstärkung durch eine Mikrofonanlage bedurft.

Während sich der Bernburger Ortsverband der FDP aufgrund seiner zahlreichen lokalpolitischen Projekte hervortut (siehe dazu die Webseite), nehmen seine Vertreter bei der Stadtratssitzung in professioneller Form an jeder Kleinigkeit Anteil, z.B. durch wohlwollende „Unterstützungsgesten“ wenn der Stadtratskollege Eberhard Balzer (Linke) Probleme mit seinem Mikro hat.

In Bernburg scheint also alles wie am Schnürchen zu laufen: Schrumpfen und Neubauten, demographischer Wandel und Innenstadtverdichtung, alles ist bereits eingeplant.

Für mich als Besucher stellt sich dabei nur die Frage, warum es beispielsweise inmitten von Brachflächen in der dünnbesiedelten Altstadt die im Jahr 2004 errichtete Kindertagesstätte „Marienkäfer“ erbaut und gleichzeitig eine in direkter Nachbarschaft zu den nun geplanten, zukünftigen Wohngebieten für junge Familien am Keßlerturm vorhandene Einrichtung geschlossen wurde.

Aber es gibt ja noch die Initiative „Bernburg bewegt“ und irgendwie müssen wir ja die zukünftigen Neusiedler in den Stadtkern locken – es ist eben alles schon geplant!

Logo-Bertelsmann-Stiftung

Mehr Informationen zu den demographischen Aussichten für Bernburg und die Möglichkeit zum direkten interaktiven Vergleich mit anderen Standorten gibt es im “Wegweiser Kommune” der Bertelsmann-Stiftung.

Material zum Nach- und Weiterlesen

… auch für Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Stadtratsmitglieder 😉 …

Stellungnahmen der Stadtratsfraktionen zur Problematik