Es geht um Bernburgs Zukunft! Hoffnungsvoller Aufbruch zu einer integrierten Stadtplanung in Bernburg

Gleich zu Beginn der gemeinsamen öffentlichen Sitzung der drei Stadtratsfraktionen der Linken, SPD und der Grünen im Bernburger Ratssaal am 03.03.2014 wurde deutlich, dass diese Diskussion zur Stadtentwicklung einen besonderen Charakter haben würde.

Denn eine Premiere stellte die Veranstaltung gleich in mehrfacher Hinsicht dar. Erstmals luden die Stadtratsfraktionen die Linke und SPD gemeinsam zu einer öffentlichen Fraktionssitzung ein, an deren Vorbereitung sich auch die Grünen aktiv beteiligten. Gleichzeitig demonstrierten die drei Fraktionen im Stadtrat mit der öffentlichen Diskussion im Rathaus auch, dass Bernburger Stadträte, wenn sie sich parteiübergreifend koordinieren, durchaus in der Lage sind, die Öffentlichkeit bei kommunalpolitischen Themen direkt zu aktivieren. Ein wichtiges Signal, vor dem Beginn der heißen Phase des Kommunalwahlkampfes und vielleicht auch ein Modell für die Zeit danach! In dritter Hinsicht war die Veranstaltung interessant, weil es nun entgegen der Meinungsäußerung des Oberbürgermeisters Henry Schütze bei der Stadtratssitzung am 12.12.2013 doch noch zu einer größeren Bürgerversammlung im Bernburger Rathaus zum Thema ISEK kam.

Oberbürgermeister Schütze und Astrid Lindstedt, die für die Bernburger Stadtplanung verantwortliche Mitarbeiterin bei der Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH (SALEG), waren als sachkundige Vertreter eingeladen. Beide bemühten sich zunächst darzustellen, dass ein Missverständnis über den Begriff “integriertes Stadtentwicklungskonzept” entstanden sei und man diesen Namen nur für den Entwurf gewählt hätte, weil der “Fördemittelgeber” es so verlangen würde. “Bernburg brauchte eigentlich gar kein ISEK für das Erhaltungsgebiet Talstadt und Bergstadt mit Schloss”, führte Frau Lindstedt aus. Gerade solcherlei Äußerungen der SALEG und der Stadtverwaltung Bernburg lassen aber die Frage aufkommen, auf welcher Seite das Missverständnis besteht!

Was ist ein “Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept”?

Mit der Einführung des Begriffes “Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept” als Fördervoraussetzung ab der Verwaltungsvereinbarung Städtebau 2012 wurde die Bürgerbeteiligung während der Konzepterstellung und ein interdisziplinärer, prozesshafter und zukunftsorientierter Arbeitsansatz zum entscheidenden Kriterium bei der Fördermittelvergabe zum Städtebau durch den Bund gemacht. Der integrierte Ansatz resultiert dabei aus der Verpflichtung zur Umsetzung der auf europäischer Ebene im Jahr 2007 beschlossenen “Leipzig-Charta”.

Alle ostdeutschen Länder erneuerten daraufhin ihre Förderrichtlinien, um den geänderten Anforderungen durch den Bund zu entsprechen – bis auf Sachsen-Anhalt. Man wäre, inzwischen sind zwei Jahre vergangen, laut schriftlicher Aussage von Marco Pocher, (Sachgebietsleiter Städtebauförderung, Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Referat 205 | Städte- und Wohnungsbauförderung, Wohnungswesen, Schulbauförderung) gerade dabei, die Förderrichtlinien zu überarbeiten.

Herr Pocher schrieb dazu am 24.02.2014: Die Novellierung der Städtebauförderrichtlinie ist zurzeit in Arbeit. Mit Veröffentlichung der Novelle werden auch die aktuellen Anforderungen im Richtlinientext verankert sein.

Bis dahin verweist das Landesverwaltungsamt auch für Sachsen-Anhalt auf die Arbeitshilfe „Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte in der Städtebauförderung – Eine Arbeitshilfe für Kommunen“ die im Jahr 2013 an jede Kommune übersandt wurde, dort “sind die Anforderungen und Lösungsansätze dokumentiert”.

Scheinbar hat man in Bernburg und bei der SALEG aber dort nicht genau nachgelesen, sonst wäre es klar gewesen, dass die Entscheidung für den Namen “Integriertes Stadtentwicklungskonzept” durchaus auch eine Verpflichtung zur Umsetzung der vom Fördermittelgeber beabsichtigten Arbeitsweise beinhaltet.

Denn die Bürger wollen Antworten, das machten sie auch in mehreren Diskussionsbeiträgen deutlich: Wie geht es mit Bernburg weiter? Welche Probleme müssen angepackt werden? Wie kann es ermöglicht werden, sich auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch in kommunalpolitische Entscheidungsprozesse einzubringen?

Genau diese Fragen zeigen auf, dass durchaus Bedarf an einem “echten” integrierten Stadtentwicklungskonzept besteht. Doch dieses kann nicht nur von wenigen beteiligten Personen bis zur Beschlussreife ausgearbeitet und dann durch den Stadtrat gepeitscht werden. Ein echtes ISEK braucht neben viel Zeit zur Diskussion, die Mitarbeit vieler Akteure und die Verpflichtung zur absoluten Transparenz auch die Erkenntnis, dass Stadtplanung keine Fleißübung für einzelne Ingenieure, sondern eine fortwährende Aufgabe der gesamten Bürgerschaft ist.

Die Problematik ließe sich durch den Vorschlag der Grünen entschärfen, den derzeit diskutierten Konzept-Entwurf in „Teilentwicklungskonzept Bernburg (Saale) Schloss und Talstadt 2020″ umzubenennen und den Passus zu vereinbaren “dass Inhalte des Teilkonzeptes in einem zukünftigen ISEK 2025 noch einmal abgewogen werden, sofern diese noch nicht umgesetzt sind”.

Oberbürgermeister Schütze signalisierte Entgegenkommen: “mir ist es völlig egal, wie das Konzept heißt“, führte er aus.

Vielleicht hat mit der Veranstaltung am 03.03.2014 nun auch in Bernburg ein wichtiger Umdenkungs- und damit ein echter “ISEK-Prozess” begonnen.