Ist Bernburgs Stadtentwicklung unsozial? Keiner weiß das im Moment!

Am gestrigen Tag lief die kleine Diskussionsreihe des Campus.Club zum Thema Stadtplanung aus. Die “Info-Abende”, die besser “Info-Nachmittage” heißen sollten, wurden nur von wenigen Bernburger Bürgern besucht.

Da die Veranstaltungen nicht im Amtsblatt angekündigt waren, können sie auch nicht als “Ersatz” für eine offizielle Bürgerbeteiligung bewertet werden.

Nachdem die von der Stadtverwaltung eingeräumte Offenlegungsfrist für das Bernburger ISEK bereits am 31.01.2014 abgelaufen war, behandelte die Veranstaltung am 04.02.2014 das Thema “Gewerbe und Soziales”.

Wie bei einer Stadtplanung zu erwarten ist, die seit dem Jahr 2009 einen weiten Bogen um das Problem benachteiligter Stadtteile macht, kam es bei der Veranstaltung kaum zu belastbaren Aussagen zum Thema “Soziale Stadt”.

Soziale Stadt

im Stadtentwicklungskonzept 2001

“Das Thema soziale Stadt handelt nach unserem Verständnis von der Aufmerksamkeit im Planerischen für Randgruppen und zur Gesellschaft. Deren Integration soll Gradmesser für die Leistungsfähigkeit unseres Konzeptes sein. Praktische Hilfe versprechen wir uns vom Quartiersmanagement genauso wie von informeller Bürgerbeteiligung z. B. bei der Stadtentwicklungsplanung durch sogenannte Planungszellen, dem sogenannten Runden Tisch, Verkehrsforen, für Nachhaltigkeit, für Kommunikation, für Baugemeinschaften und insgesamt für eine lernende Planung.”
(SEK 2001 S. 42)

Soziale Stadt

im Stadtentwicklungskonzept 2009

“Die Innenstadt von Bernburg wurde im Programmjahr 2008 in das Förderprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Die soziale Stadt“ aufgenommen.
Im Rahmen dieses Förderprogramms verfolgt die Stadt im Rahmen der IBA Stadtumbau 2010 Projekte zur Entwicklung einer kommunalen Bildungskultur.” 
(SEK 2009 S. 35)

Der zuständige Dezernent Holger Dittrich und die für die Bernburger Stadtentwicklung verantwortliche Mitarbeiterin bei der SALEG, Frau Astrid Lindstedt, fanden viele Gründe dafür, warum der Bernburger Stadtplanung kein aussagefähiges soziodemografisches Datenmaterial zugrunde liegt. Die Argumente reichten dabei vom generellen Zweifel an der Aussagekraft kleinräumiger Analysen über die Kosten bis zum Datenschutz.

Trotz des Fehlens von wissenschaftlich belastbarem und aktuellem Analyse-Material und eines transparenten Monitorings in diesem Bereich waren sich die anwesenden “Akteure”  der Stadtverwaltung und der SALEG darüber einig, dass es in Bernburg  soziale Probleme, wie in anderen Städten, schlicht nicht gäbe.

Wenn es dann bald zur Arbeit an dem jetzt geplanten gesamtstädtischen ISEK komme, würde man diese natürlich auf die Basis sozialer Untersuchungen beginnen.

Schon im Jahr 2009 gab es Diskussionen zur Sozialverträglichkeit des geplanten Rückbaus von 1800 Wohnungen bis zum Jahr 2020. Nachdem im Jahr 2014 geschätzt die Hälfte dieser Zahl durch Abrisse in den Wohngebieten Süd-West und der Schulze-Boysen-Siedlung erreicht wurde, müssten nun auch Wohngebäude in den Wohngebieten Hegebreite und Zepziger Weg beseitigt werden, um das beschlossene Planungsziel bis 2020 noch zu erreichen.

Eine erneute Evaluation der Vorgaben steht, mangels aktueller Analysen, noch aus. Bezieht man auch Unterhaltsberechnungen der weitläufigen Bernburger Infrastruktur ein, könnte sich der inzwischen aufgelaufene Handlungsstau weiter verstärken und zu schmerzhaften Einschnitten führen, die laut Frau Lindstedt dann mit der “Knochensäge” ausgeführt werden müssten. Spätestens dann aber sollte man vorher mit dem “Patienten” einmal über die geplante Amputation gesprochen haben!