Leserbrief in der MZ-Ausgabe vom 06.10.2012 zum Artikel “Die C14-Methode”, MZ vom 29.09.2012
Eines steht nun fest: Wenn die Brandanburg jemals in Bernburg gestanden hat, wurden Teile ihrer Befestigung von den Bauarbeiten zum Campus Technicus erfasst.
Die C14-Datierungen, deren Ergebnisse jüngst präsentiert wurden, weisen in einen Zeitraum, der auch das Datum der bekannten urkundlichen Erwähnung im Jahr 961 abdeckt.
Letztendlich sind es aber nur zwei Knochen, jeweils aus den beiden zugeschütteten Burggräben stammend, an welchen sich die frühesten Datierungen fest machen. Über die genauen Umstände, wie einer dieser wegen seiner aufwändigen Datierung nun bedeutenden Funde in den Graben an der Schlosskirche gelangte, kann niemand etwas aussagen.
Wichtige Erdschichten, die diese Informationen vielleicht enthielten, wurden zerstört, als die Archäologen, gegen jede sonst übliche Praxis, die Baustelle an der Aegidienkirche gerade zu jenem Zeitpunkt verließen, als sich die Bagger durch den völlig unversehrt gebliebenen mittelalterlichen Unterbau des dortigen Friedhofes gruben und damit der spannendste Teil der “Zeitreise” am Campusbauplatz begann.
Und nur kurze Zeit später zeigte sich dort dann auch der erwartete äußere Burggraben, ohne dass irgendein Archäologe vor Ort davon Kenntnis nahm. Die MZ berichtete in ihrem Artikel “Auf der Suche nach der alten Brandanburg” vom 01. September 2011 genau von dieser Situation.
Dann legten die Baugeräte eine weitere Sensation frei. Direkt am Graben, dort, wo sich einst der Wall befunden haben muss, zeigte eine umfangreiche rote Verfärbung im Boden – eine sogenannte “Hitzerötung” – an, dass hier ein recht ausgedehntes Gebäude unter großer Wärmeentwicklung abgebrannt war.
Erst nach einigen E-Mails mit Bildern an das Landesamt, Anrufen und mit mehreren Tagen Verzögerung, an denen weiterer wichtiger Boden abgetragen wurde, kamen die Archäologen zurück und versuchten nun, in einer “Notbergung” einige Befunde des fußballplatzgroßen Areals zu dokumentieren.
Leider reichten die wenigen ihnen eingeräumten Tage nicht einmal aus, den aus mehreren Teilen bestehenden Brandbefund vollständig zu vermessen und zu untersuchen. Bald schon waren alle Zeitzeugen zerstört. Glücklicherweise wurde auch eine Probe der Holzkohle des abgebrannten Gebäudes per C14-Methode datiert.
Die Analyse erbrachte ein Ergebnis, welches Kenner der Bernburger Geschichte hellhörig werden lässt: Das Holz, welches dort verbrannte, wurde erst um oder nach dem Jahr 1000 geschlagen, und das Gebäude also auch erst zu diesem Zeitpunkt oder später errichtet oder erweitert. Die bekannteste Bernburger Brandkatastrophe im Jahr 1138 liegt nur noch etwas mehr als 100 Jahre entfernt. War das durch Feuer zerstörte Bauwerk an der Schlosskirche ein Teil der abgebrannten Burg Eilikas, der Mutter Albrecht des Bären?
Spätestens seit Paul Höfer im Jahr 1907 erstmals Bernburg als Standort für die rätselhafte Brandanburg ins Spiel brachte, warten die Forscher auf einen archäologischen Beweis seiner These. Pünktlich zur 1050-Jahrfeier unserer Stadt war es dann endlich so weit: Eine frühmittelalterliche Burg wurde gefunden, aber kaum ein Einwohner nahm davon Kenntnis und keine Führung erläuterte den Jahrhundertfund. Während nur wenige Meter weiter der Bürgermeister am 29. Mai 2011 im Kaiser Otto-Kostüm den Vorbeimarsch seiner Bürger huldvoll belächelte, machten nun die Bagger mit der realen Geschichte kurzen Prozess. Nicht einmal die Zeit für eine ordentliche Dokumentation wurde eingeräumt.
Im Gegenteil, der Leiter im Hochbauamt des Salzlandkreises, Manfred Gärtner, machte die Archäologen laut einem MZ-Artikel vom 25. November 2011 sogar für die Verzögerung der Campus-Eröffnung um mehr als ein Jahr mitverantwortlich. Warum keiner von den Denkmalschützern, denen doch sonst so viel an jeder Fassade, Türklinke und Dachgaube gelegen ist, für den Schutz der mutmaßlichen Brandanburg sorgte, wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Olaf Böhlk, Bernburg