Altenburg: Der Kamin im Kirchturm

Die Krähen und der Krähenberg

Beide Siedlungen, das Dorf Altenburg und die Wüstung „Plecege“ liegen auf dem Höhenzug „Krähenberg“. Der Begriff „Krähe“ spielt sowohl in Nienburg als auch in Altenburg eine Rolle. Dabei kann ohne weitere Klärung der archäologischen Zusammenhänge nicht entschieden werden, ob sich der Name „Krähenberg“ aus der trivialen Tatsache ableitet, dass sich hier ehemals viele Krähen aufhielten, sich auf dem Berg eine Krähenhütte zur Jagd auf Krähen und Raubvögel befand oder ob der Name Krähenberg älteren Ursprungs ist und beispielsweise auf eine Gerichtsstätte verweist[1]Zur häufigen Verbindung von Richtsätzen und Flurnamen, die auf Vögel Bezug nehmen („Sperlingsberg“, „Krähenberg“, „Hühnerberg“) siehe http://www.hrgdigital.de/HRG.galgen.

Bemerkenswert ist, dass bei der Grabung im Jahr 2008 an der Straße nach Nienburg, südlich des ehemaligen Klostergutes ein spätbronzezeitlicher Verbrennungsplatz, eine sogenannte „Ustrina“ mit einer 0,2 m starken Ascheschicht (Brandplatte) und mindestens 5 Pfostengruben für möglicherweise aufrecht stehende Holzpfeiler nachgewiesen werden konnte. Dieser Verbrennungsplatz gehörte zu einem angrenzenden spätbronzezeitlichen / früheisenzeitlichen Brandgräberfeld. Die Befunde wurden teils von den bereits erwähnten frühmittelalterlichen Siedlungsspuren überdeckt.

Nordöstlich dieses Areals lag die „Bauernwiese“, der alte Tanzplatz der Pfingstgelage, die die Nienburger hier jährlich abzuhalten pflegten (Beschreibung unten). Etwa 100 Meter entfernt befand sich offensichtlich auch die oben behandelte Marienkapelle.

Der Spottname „Krähenköppe“ wurde schon von den Elbschiffern für ihre Nienburger Berufskollegen verwendet[2](Kettmann 1961, S. 324). Aber die Bezeichnung „Krähen“ als Spottname gab es in Nienburg wohl schon im 16. Jahrhundert. Johann Christoph Beckmann berichtet davon[3]Beckmann, Johann Christoph Historie Des Fürstenthums Anhalt, 3. Th. 4. Bd 2. Cap S. 455, dass Fürst Bernhard I. von Bernburg in Nienburg ein Festes Haus errichten ließ, welches später wieder zerstört wurde. Im Jahr 1288 hätte sich Bernhard in Verhandlungen mit dem Erzbischof Erich von Magdeburg dazu verpflichtet, das Haus nicht mehr aufzubauen. Dann wurde es aber doch von den Askaniern wieder errichtet. Nach einem Handel mit dem Fürsten Ernst von Anhalt erhielt der Nienburger Abt Heinrich von Dunkelberg zu Beginn des 16. Jahrhunderts endlich das Feste Haus in seinen Besitz und ließ es wieder einreißen, damit „wie er zu sagen gepfleget / es die Krähen nicht wieder bauen möchten“.

Vögel spielten auch beim Pfingsttanz der Nienburger auf der Altenburger Bauernwiese eine wichtige Rolle. An dem Maibaum, der von den jungen Gesellen zum Klang von Musik in Nienburg am Mittwoch in der Pfingstwoche von Haus zu Haus getragen wurde, waren zwei lebendige junge Rotmilane befestigt, auf „daß das Federvieh auf denjenigen Höfen, so ihnen reichlich mitteileten, dasselbe Jahr von den Weihen unbelästigt bliebe“[4](Wirth 1932, S. 242). Der anhaltische Volkskundler Alfred Wirth sieht in diesem Brauch Reste eines alten Opferrituals, um das Federvieh vor Raubvögeln zu schützen[5](Wirth 1932, S. 363).

Bemerkenswert ist es auf jeden Fall, dass die Nienburger den weiten Weg bis zum Fuß des Altenburger Krähenberges auf sich nahmen, um dort in der Nähe der ehemaligen Marienkapelle und eines einstigen bronzezeitlichen Verbrennungsplatzes ihren Pfingsttanz durchzuführen!

Da der gesamte Ablauf des Nienburger Pfingstgelages durch Johann Christoph Beckmann überliefert wurde, soll er nun in der Fassung von Alfred Wirth wiedergegeben werden.

Fußnoten

Fußnoten
1 Zur häufigen Verbindung von Richtsätzen und Flurnamen, die auf Vögel Bezug nehmen („Sperlingsberg“, „Krähenberg“, „Hühnerberg“) siehe http://www.hrgdigital.de/HRG.galgen
2 (Kettmann 1961, S. 324)
3 Beckmann, Johann Christoph Historie Des Fürstenthums Anhalt, 3. Th. 4. Bd 2. Cap S. 455
4 (Wirth 1932, S. 242)
5 (Wirth 1932, S. 363)