Zum Beitrag „Großbaustelle wird kleiner“ über die Bauarbeiten am Bernburger Schloss, MZ vom 24. September.
Meines Erachtens ist es durchaus legitim zu fragen, warum Millionen von Euro Steuermittel in das Bernburger Schloss investiert werden sollen. Kann sich die Stadt Bernburg vor dem Hintergrund immer knapper werdender Haushaltsmittel dieses Abenteuer noch leisten? Vor allem, da es überhaupt kein Konzept dafür gibt, was aus dem Langen Haus einmal werden soll.
Es ist grundsätzlich erst einmal gut, dass Herr Schütze seinen Wahlkampfauftakt mit einem Plädoyer für das Schloss Bernburg verbindet. Meint er es damit aber ernst, gilt es nun auch, alte Zöpfe abzuschneiden, wie zum Beispiel das geflügelte Wort: „Bernburg sei keine Tourismusstadt“.
Wer so argumentiert, denkt noch in Zeiten, in denen „Touristen“ einen Kompass brauchten und ihr Zelt im gleichnamigen Pkw der Marke Wartburg verstauten. Natürlich wird aus Bernburg nicht „Malle“, aber die Fähigkeit Menschen hierher einzuladen, damit sie bei uns ihr Geld, ihre Arbeitskraft oder ihren Verstand investieren, wird über die Zukunft unserer Stadt entscheiden.
Und da spielt das Schloss schon eine gewichtige Rolle. Es ist ein Aushängeschild par excellence im Marketingjargon ein Eyecatcher oder auf Deutsch: ein „Augenfänger“.
Besucher, beispielsweise aus Bayern, kommen nicht wegen einer Tour mit der „Saalefee“ oder der Pinguine, sie kommen wegen des Schlosses und fragen, warum es hier steht.
Spätestens dann können die Stadtführer stundenlang von Fürsten oder Narren erzählen.
Man kann es aber auch kürzer machen: Das Schloss steht hier, weil Bernburg das Herz und die Wiege Sachsen-Anhalts ist! Es wurde gebaut, um Menschen anzuziehen und zu beeindrucken. Das Schloss steht für Selbstbewusstsein und verspricht Qualität, denn wo so ein „Klopper“ von Gebäude steht, muss es mehr geben, als nur einen leeren Hof und Baugerüste. Dann nur auf den Tierpark zu verweisen, ist zu wenig! Hier muss mehr geboten werden: weltweit Bekanntes, wie die „Bernburger Kultur“ oder die „Baalberger Kanne“, Saurierspuren und gewaltige Steinbrüche, beeindruckende Industrieanlagen, eine jahrtausendealte bäuerliche Kultur, Frankenkrieger und Reformationsfürsten und der Handel und Wandel einer Stadt, die im Herzen Sachsen-Anhalts an der uralten Kulturgrenze zwischen Ost- und Westeuropa liegt, von der unser Landeswappen seinen Bären geerbt hat und in der sächsische auf anhaltische Geschichte trifft.
Wenn es uns in Zukunft gelingt, unser Schloss mit all diesen Themen in Verbindung zu bringen, ist sein Bestand nachhaltig gesichert, weil es als „Landesburg“ für ganz Sachsen-Anhalt wichtig ist. Und nur wenn Menschen auch von weit her zu uns kommen, können wir unseren hohen Standard an regionalen Freizeiteinrichtungen auch in Zukunft erhalten: Das Bernburger Schloss verspricht unseren Gästen etwas und wir Bernburger müssen den Mut haben, auch zu liefern! Olaf Böhlk, Bernburg