Siegfried Walter: Grobe Verstöße sind anzeigewürdig

Dieser Leserbrief von Siegfried Walter (Vorsitzender des Naturschutzbeirates im Landkreis) wurde auf S. 11 der Lokalausgabe der MZ vom 22.01.2014 veröffentlicht. Siegfried Walter erlaubte mir die Veröffentlichung seines Textes auf meinem Blog. Mit der Veröffentlichung möchte ich das wichtige Anliegen von Herrn Walter unterstützen. Zumindest ein Teil des Pfuhl’sche Busches liegt ja nun im Bernburger Stadtgebiet.

Siegfried Walter hat eine kommentierte Google-Fotogalerie erstellt. Dort kann man sich ein eigenes Bild über die Situation über den Pfuhl'sche Busch bei Kustrena machen.
Siegfried Walter hat eine kommentierte Google-Fotogalerie erstellt. Dort kann man sich ein eigenes Bild über die Situation über den Pfuhl’sche Busch bei Kustrena machen.

Es geht leider schon wieder um unseren Wald. Nachdem ich nun auch den Aderstedter Busch in Augenschein genommen hatte, wo erwartungsgemäß auch überwiegend die alten Eichen geschlagen wurden – wofür natürlich die dauerhafte Vernässung des Gebietes als Begründung herhalten kann – erreichte mich schon bald darauf ein Hilferuf aus Kustrena. Der Pfuhl’sche Busch, nahe der Ortslage werde geplündert und verwüstet. Übertreibung denke ich zuerst, wo doch in der MZ zu lesen war, dass eine Zwangspause eingelegt würde. Ich versprach aber, dass ich es mir anschauen werde. Nein, übertrieben hatte man nicht. Und wofür sollte eine Pause auch jetzt noch gut sein, wenn der Schaden schon angerichtet wurde und das Holz bereits auf Stapel liegt, der Waldboden in den Rückgassen irreparabel verfestigt ist und die Waldwege zerstört sind. Geblieben ist kein Auwald mehr – eine Stangenplantage aus noch jungen Eschen nur, durch die der Wind pfeift. Ein Jäger würde sagen: Man kann hindurch schießen, ohne einen Baum zu treffen.

Auenwälder in den Flussniederungen sind wegen ihres Artenreichtums – auch an Gehölzarten – die ökologisch wertvollsten Waldformen, weshalb sie auch eine hohe Schutzwürdigkeit genießen. Das 417 Hektar große Auwaldgebiet um Plötzkau, wozu auch der Pfuhl’sche Busch zählt, ist Natura-2000-Gebiet, nach der EU-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) also ein FFH-Gebiet, das landesintern unter FFH 01 64 gelistet ist und internationales Vogelschutzgebiet, bei der EU geführt unter DE 42 36 301. Für solche Gebiete gilt ein Verschlechterungsverbot. Dieses wurde hier gröblich verletzt und das sollte eine Anzeige bei der EU zur Folge haben.

So eine brachiale Umgestaltung in eine Monokultur, der jedwede Naturnähe verloren geht, ist eine Dreistigkeit den Bürgern der Region gegenüber und – da die gleichen Klagen auch aus anderen Regionen zu hören sind – auch gegenüber denen des Landes.

Unsere Wälder gehören nicht der Landesregierung, sie gehören den Bürgern dieses Landes. Die von den Bürgern über Wahlen eingesetzte Landesregierung hat aber die Aufgabe und den Auftrag, sie zu schützen, nachhaltig zu bewirtschaften und die Einnahmen daraus zum Wohle und Nutzen seiner Bürger einzusetzen. Dazu gehören auch die Pflege und der Erhalt der Waldbestände nach EU-, Bundes- und Landesrecht.

Bei dem, was im Pfuhl’schen Busch bei Kustrena stehen geblieben ist, sind mindestens zwei Generationen von Walderträgen “befreit”. Ist der Generationenvertrag für den Wald jetzt aufgehoben? Betrachtet man die Bilder, ist anzunehmen, dass die Ausführung des Einschlags ohne fachliche Anleitung und Aufsicht erfolgte oder Grundsätze einer nachhaltigen Forstwirtschaft bewusst ignoriert wurden. Ja wie denn auch, wenn der Forstbetrieb seinen Sitz im Harz hat und zudem keine persönliche Bindung zu dem Wald, den man hier bearbeitet, mehr besteht. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass da manch einer meint: Sollen die doch in den Harz kommen, wenn sie Wald sehen wollen. Aber auch von dort hört man Klagen. Die Frage muss erlaubt sein: Wie will man Privatwaldbesitzer bei Verstößen gegen rechtliche Bestimmungen denn sanktionieren, wenn man selbst das schlechte Beispiel gibt?

Als Bürger dieses Landes erwarte und verlange ich, dass staatliche Stellen wie Landesforstämter den Bürgen wahrheitsgemäß berichten und geltendes Recht respektieren sowie im Interesse heutiger und kommender Generationen den Wald als bedeutendes Ökosystem nachhaltig bewirtschaften. Wald ist ein Stück Lebensqualität und die darf man den Menschen nicht nehmen, will man die Bevölkerungsabwanderung stoppen.

Siegfried Walter, Vorsitzender des Naturschutzbeirates im Landkreis