MZ-Artikel Miteinander reden, aufeinander zugehen vom 29.06.2011

Kommentar von mir: Schon mehrmals wurde versucht, die Bernburger Fraktionsspitzen zum Montagsforum einzuladen. Bisher gab es oft noch nicht einmal eine Entschuldigung für die Nichtteilnahme. Nun scheint das Interesse an Diskussionen gewachsen zu sein. Weiter so!

Miteinander reden, aufeinander zugehen

MONTAGSFORUM Vertreter von Hochschule und Stadt sprechen über Möglichkeiten, wie das studentische Leben besser in der Stadt integriert werden kann.

VON SUSANNE WEIHMANN

Logo Bündnis 90/Die GrünenBERNBURG/MZ – “Dass wir miteinander reden können, macht uns zu Menschen”, sagte einst der Philosoph Karl Jaspers. Gesprochen haben die Hochschule und Stadt indes offenbar in der Vergangenheit zu wenig. Das war zumindest der Eindruck beim jüngsten Montagsforum der Grünen, das MZ-Redakteur Carsten Steinborn moderierte, als es erneut um das Thema Hochschulstandort Bernburg ging. Immerhin saßen diesmal alle an einem Tisch, um miteinander zu reden: Vertreter der Stadtratsfraktionen und der Hochschule, wenngleich bis auf eine Ausnahme die Studenten fehlten.

“Die Hochschule gehört nach Bernburg”, sagte Hartmut Zellmer (CDU). Die Initiative müsse allerdings von der Hochschule ausgehen. “Wir als Stadt können nur die Hand reichen.” Seiner Meinung nach ist es relativ einfach Studenten in die Stadt zu holen: Es gebe in der Stadt genügend leer stehende Gebäude, die für Lehrveranstaltungen genutzt werden können. Udo Riedel (Linke) hält es dagegen für problematisch, mehr Studenten in die Innenstadt zu holen, sollte es nicht einen erheblichen Zuwachs an Studierenden geben. Das würde zu einer stärkeren Zersplitterung der Hochschule führen, meint Riedel. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hagen-Eike Hortian hingegen ist der Auffassung: “Die Hochschule muss in die Stadt kommen.” In anderen Städten sei der Campus auch mitten in der Stadt.

“Die Hochschule muss in die Stadt kommen.” Hagen-Eike Hortian FDP-Fraktionschef

Professor Jürgen Schmidt erinnerte daran, dass der Fachbereich Wirtschaft bereits in der Stadt, im alten Rathaus, präsent ist. Zusammen mit dem Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie, Landschaftsplanung seien damit 2 800 Studenten am Hochschulstandort Bernburg immatrikuliert. “Das ist ein Pfund, mit dem Sie wuchern können als Stadt”, appellierte Schmidt an Politik und Wirtschaft. Die Kommune müsse sich fragen, wie sie dieses Potenzial nutzen könne.

Auch Hochschulprofessor Peter Kaufmann ist der Meinung: Je mehr Bernburger Unternehmen den Studenten Themen anbieten, etwa für Masterarbeiten, desto eher fühlten sie sich mit der Stadt verbunden und würden bleiben. Indes sprach er sich gegen eine weitere Verlagerung des Campus in die Stadt aus. Für eine Landwirtschaftshochschule sei der Standort in Strenzfeld ideal. “Die Studenten können vom Hörsaal aufs Versuchsfeld”, sagte Kaufmann und überzeugte damit auch Zellmer. Zudem profitiere die Hochschule von der Vernetzung mit der DLG (Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft) und LLG (Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau) vor Ort.

Auch Hochschulmitarbeiterin Sabine Thalmann kann sich einen Umzug in die Stadt nicht vorstellen: “Wir brauchen viel Platz.” Platz, den die Landwirtschaftsstudenten in Strenzfeld haben, zudem beste Voraussetzungen für Forschungsexperimente. “Wenn wir anfangen, das zu splitten, gefährden wir den Hochschulstandort”, ist sie sich sicher. Sie könnte sich aber gut vorstellen, die Immatrikulationsfeier in der Stadt zu veranstalten. So, wie es bereits einmal in den 90er Jahren der Fall war. Als mögliche Orte wurden Theater oder Kurhaus genannt. Dort könnten sich auch Vereine, Institutionen und Firmen vorstellen, schlug Thalmann vor.

Zur Begrüßung der Erstsemester sollte auch ein umfangreicheres Willkommenspaket gehören – mit Gutscheinen, Freikarten usw., wie es an anderen Hochschulen üblich ist. Zellmer würde sich dafür engagieren und Handwerksbetriebe ansprechen und auch bei Praktika vermitteln. Er erwartet dann aber auch, dass die Studenten auf die andere Seite zugehen und nicht nur erwarten, dass man auf sie zugeht. Sie könnten beispielsweise auch in die Stadtrats- und Ausschusssitzungen kommen und ihre Meinung äußern. Mehrere Feste und studentische Stadtführungen schlägt derweil Erich Buhmann (Grüne) für die “Neuen” am Semesterbeginn vor. Und auch das Thema “Semesterticket” ist für ihn noch immer aktuell.

Neben den vielen guten Ansätzen und Ideen, die alle Beteiligten hervorbrachten, kam aber auch die knapp bemessene Zeit durch die Bachelor-Ausbildung zur Sprache: Durch die Einführung des Bachelor-Abschlusses und die damit verbundene Verkürzung der Studienzeit hätten die Studenten immer weniger Zeit, weiß Peter Kaufmann. Früher hätten die jungen Leute mehr Spielräume gehabt, sich ins studentische Leben einzubringen.

Schließlich können sich alle Stadträte, bis auf Hortian, vorstellen, als Hochschulstandort auf dem Ortsschild zu werben. “Ich würde das sogar dreimal drunterschreiben und rot hervorheben”, meinte Karin Brandt (BBG).