Böhlk stößt bei der Union auf Ablehnung
Debatte um das Konzept “Fokus Saale” für die Altstadt wird in Fraktionen unterschiedlich diskutiert.
VON ANDREAS BRAUN UND CARSTEN STEINBORN

BERNBURG/MZ – Heute soll der Stadtrat Bernburg über das Konzept “Fokus Saale” befinden. Damit, so Baudezernent Holger Köhncke, bekomme die Verwaltung eine Handhabe, um die Stadtentwicklung im Gebiet zwischen Kaiplatz/Nienburger Straße und dem Saalplatz, inklusive der “Freiheit”, zu gestalten. Es geht hier um eine Gesamtinvestitionsbedarf von 22,5 Millionen Euro. Die Stadt will Grundstücke erwerben, um sie dem “Sanierungsvermögen” zuzuführen.
Die Fraktion der Linken hatte sich am Montag zu einem Vor-Ort-Termin in der Langen Straße mit Olaf Böhlk getroffen. Böhlk, dem es zu verdanken ist, dass das Konzept überhaupt öffentliche Aufmerksamkeit erhielt, appellierte an die Stadträte, die Entscheidung über das Konzept noch aufzuschieben. Er warnt vor übereilten Schritten. Mit dem Konzept treffe man eine wichtige Entscheidung, die das Stadtbild und auch die Lebensqualität in der Stadt betreffe. Vor allem sieht Böhlk die Gefahr, dass einem Abriss der mittelalterlichen Strukturen der “Freiheit” zwischen Saalplatz und Lange Straße Tor und Tür geöffnet wird.
Dennoch sieht er in dem Konzept auch Chancen. “Hier stehen viele gute Dinge drin und es sind gute Ansätze”, sagte Böhlk, dem auch vorgeworfen wird, dass er das Konzept schlecht rede. In dieses Horn bliesen weder Köhncke noch die Linken. Er freue sich, dass es Bürger gebe, die sich mit dem Konzept befassen, so Köhncke. Er lud Böhlk zur Zusammenarbeit ein. Es gehe, so der Dezernent, nicht um einen Freifahrtsschein für den Abriss. Der Passus, dass bei nachgewiesener Unwirtschaftlichkeit Abriss möglich sei, stehe so auch im Denkmalschutzgesetz.
Zudem sei das Konzept lediglich eine Willensbekundung und eine Handlungsrichtlinie für die Verwaltung, was denn in den nächsten acht Jahren mit dem Gebiet zu machen sei. Was möglich wäre, da liegen Köhncke und Böhlk dem Anschein nach nicht weit auseinander. Wenn da nicht eben die unterschiedliche Wertung zum Abriss-Passus wäre, der Böhlk hindert, das Angebot zur Zusammenarbeit anzunehmen.
Böhlk indes kann einen Teilerfolg verbuchen. Es soll nun im Konzept verankert werden, dass in den einzelnen Fällen der Stadtrat über Abrissarbeiten entscheidet. Das sieht auch die Linksfraktion als Option, heute im Rat zuzustimmen. “Wir haben lange beraten. Die Möglichkeit unseres Einflusses muss gegeben werden. Es wird sicher Enthaltungen geben, aber wir waren uns einig, dass wir das Konzept nicht verschieben. Allerdings muss eine andere Form der öffentlichen Beteiligung gefunden werden. Das Auslegen der Unterlagen und die Ausschuss- und Stadtratssitzungen reichen nicht”, machte Fraktionschef Udo Riedel klar.
Auf weniger Gegenliebe stieß Böhlks Engagement beim Ortsverein der CDU am Mittwoch, wo er sich nach eigenen Worten regelrechten Anfeindungen ausgesetzt sah. Der Oberbürgermeister Henry Schütze (parteilos), der der CDU-Versammlung beiwohnte, habe ihm den Vorwurf gemacht, sich mit seinen Ideen nicht zuerst an die Verwaltung gewandt zu haben. “Ich würde die Stadt und die Arbeit des Rates schlecht machen, musste ich mir dort anhören”, so Böhlk, der diesen Vorwurf nicht nachvollziehen kann. Er verweist auf das Förderprogramm “Aktive Stadt und Ortsteilzentren”, aus dem Bernburg für “Fokus Saale” Geld einwerben will. “Da ist ausdrücklich die Beteiligung der Bürger gefordert”, so Böhlk. Und nichts anderes habe er mit seiner Initiative bewirken wollen.
Kommentar
CARSTEN STEINBORN
meint, dass Politik und Verwaltung neue Wege suchen müssen, um die Bürger zu erreichen.
Keine Einbahnstraße
Das sagt viel aus über die demokratische Kultur in dieser Stadt: Da beschweren sich doch Oberbürgermeister Henry Schütze und sein Baudezernent Holger Köhncke tatsächlich darüber, dass Olaf Böhlk als Bürger dieser Stadt mit seinen Ideen zur Belebung der Altstadt nicht zuerst das Gespräch mit ihnen sucht, bevor er die Öffentlichkeit sucht. Seit wann hat der Bürger einen Dienstweg einzuhalten und muss zur Verwaltung, bevor er Ideen öffentlich macht? Schließlich ist Demokratie keine Einbahnstraße, die nur aus dem Rathaus heraus funktioniert.
Vielmehr sollten sich beide fragen, warum manch ein Bürger eben nicht den Weg zu ihnen findet. Ganz offensichtlich hat sich bei vielen der Eindruck verfestigt, dass die Mitwirkung der Bürger nicht unbedingt erwünscht ist. Da nutzt auch der Verweis auf öffentliche Ausschuss- und Stadtratssitzungen nicht. Es ist die Frage zu klären, wie Beschlüsse und Projekte künftig auf eine breitere Basis gestellt werden, indem die öffentliche Debatte gesucht wird. So wäre es auch längst an der Zeit, öffentlich ein Konzept für das Schloss zu diskutieren.
Zu mehr Transparenz könnten auch die Parteien im Rat beitragen. Doch auch sie machen, bis auf SPD und Linke, die Meinungsbildung in ihren Gremien nicht transparent. Und so wird der von ihnen oft bemühte Begriff von der Bürgernähe zur hohlen Phrase. Seite 7
Den Autor erreichen Sie per Mail unter: carsten.steinborn@mz-web.de