Altenburg: Der Kamin im Kirchturm

Altenburg als Wallfahrtsort

Folgende Mitteilung findet sich bei Friedrich Winfrid Schubart über eine alte Glocke in der Altenburger Kirche St. Blasius: „Die kleine Glocke, Ton e, 60 cm im Durchmesser bei gleicher Höhe, ist ohne Inschrift, ganz glatt bis auf drei übereinander liegende Rundstäbe oberhalb des Schlages. Die Krone ist schadhaft. Anfang dieses Jahrhunderts soll die Glocke von der Domäne des Ortes, einem ehemaligen Klosterhofe, geschenkt worden sein. Es liegt die Vermutung nahe, daß sie noch aus der Kapelle ‚Unsrer lieben Frauen‘ des ehemaligen Klosterhofes, der zu Nienburg gehört hat, herrührt. Die Form der Glocke spricht für ein hohes Alter, wonach die Glocke dem Anfang des 13. Jahrhunderts anzugehören scheint“[1](Schubart und Peters 1896, S. 123). Leider ist diese Glocke nicht mehr vorhanden.

Bauliche Reste der genannten Marienkapelle beschreibt Büttner Pfänner zu Thal: „Auf der Domäne befinden sich in einer Mauer eine zugesetzte Rundbogentür und vermauerte Spitzbogenfenster, Reste einer Kapelle unserer lieben Frauen des zu Nienburg gehörigen Klosterhofes, in welcher 1462 F. Bernhardt VI. eine Messe stiftete, und welche wahrscheinlich im 30 jährigen Krieg durch Gallas zerstört wurde.“[2] (Büttner Pfänner zu Thal, Franz 1998, S. 134)

Franz Stieler schreibt hingegen: „Anfang April 1567 wurde die Altenburger Kirche abgebrochen, die als Wallfahrtskapelle St. Mariae im 15. Jahrhundert sich der Förderung durch Papst und Bischöfe erfreut hatte. Vermauerte Reste dieser Kirche sind noch vorhanden.“[3](Stieler 1954, S. 18) Damit wird deutlich, dass die Altenburger Marienkapelle bereits im Zuge der Einführung der Reformation überflüssig wurde. Das für ihren Unterhalt sorgende regionale Wallfahrtswesen war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existent.

Die Reste der Kapelle dürften sich in der an der Straße nach Nienburg liegenden Gebäudegruppe der Domäne befunden haben, da es sich bei diesem Teil vermutlich um die ältesten, noch heute sichtbaren Bauten handelt[4]Leider konnte der Eigentümer des Grundstückes auf Nachfrage keine Angaben über vermauerte Bogenöffnungen in diesem Bereich machen.. In direkter Nachbarschaft zu diesen Gebäuden konnten bei einer archäologischen Grabung im Jahr 2008 frühmittelalterlichen Gruben mit Keramik aus der Zeit der slawischen Besiedlung aufgefunden werden. Ein rechteckiger Befund wies möglicherweise auf ein Grubenhaus hin[5]Grabungszeitraum 19.11.2008 – 05.12.2008, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Fundstellenarchiv, Ortstakte Altenburg, Grabung Nr. 2012/197 (Blatt 152). Bereits 1994 traten an der Süd-Ost-Ecke des Domänengeländes grubenartige Befunde und Reste einer Bruchsteinmauer auf[6]Grabungszeitraum 14. und 21.10.1994, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Fundstellenarchiv, Ortstakte Altenburg, Blatt Nr. 23.

In Ihrer Arbeit zum Spätmittelalterlichen Wallfahrtswesen im Erzstift Magdeburg[7](Brumme 2010, S. 175–176) teilt die Autorin Carina Brumme interessante Hintergründe zur Altenburger Marinekapelle mit.

Im 15. Jahrhundert erfreute sich die Kapelle der frommen Förderung durch das Bernburger Bürgerehepaar Ranis. 14 römische Bischöfe erteilten in einer römischen Ablassurkunde vom 19. April 1489 auf Bitten von Jacobus Ranis und seiner Frau der Altenburger Marienkapelle einen Ablass von 100 Tagen. Aus dem Jahr 1423 stammt die älteste Nachricht zur Altenburger Kapelle. Es handelt sich um einen Sammelablass, der Pilgern, welche die Kapelle an bestimmten Feiertagen besuchen, für Wallfahrt, Andacht, Teilnahme an der Messe und Spenden für den baulichen Unterhalt einen Erlass ihrer zeitlichen Sündenstrafen von je 40 Tagen gewährt.

Aus einer Urkunde vom 18. Juli 1431 geht hervor, dass der Bernburger Fürst Bernhard VI. von Anhalt die Kapelle hat restaurieren lassen. Dass sie zu diesem Zeitpunkt schon eine geraume Zeit bestanden haben muss, deutet die Datierung ihrer Glocke an. Die erwähnte Rundbogentür lässt ebenfalls Schlüsse auf einen romanischen Ursprung zu.

Auswahl einiger historischer Orte um Altenburg.

Auswahl einiger historischer Orte um Altenburg.

Fußnoten

Fußnoten
1 (Schubart und Peters 1896, S. 123)
2 (Büttner Pfänner zu Thal, Franz 1998, S. 134)
3 (Stieler 1954, S. 18)
4 Leider konnte der Eigentümer des Grundstückes auf Nachfrage keine Angaben über vermauerte Bogenöffnungen in diesem Bereich machen.
5 Grabungszeitraum 19.11.2008 – 05.12.2008, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Fundstellenarchiv, Ortstakte Altenburg, Grabung Nr. 2012/197 (Blatt 152)
6 Grabungszeitraum 14. und 21.10.1994, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Fundstellenarchiv, Ortstakte Altenburg, Blatt Nr. 23
7 (Brumme 2010, S. 175–176)